Blattläuse bereits im Februar?

In den letzten Jahren waren viele Winter eher „herbstlich“ bzw. „frühlingshaft“. Nicht nur viele Pflanzen zeigen dann zur Unzeit Austrieb oder sogar Blüten, auch die Schädlinge haben teils keine Winterruhe.
Die Folge ist in solchen Jahren eine frühe und heftige Blattlausplage. Dies ist erklärlich, da dies vom üblichen Zyklus abweicht: Normalerweise schlüpfen im Frühjahr aus den Wintereiern sogenannte Stammmütter. Diese bilden durch Jungfernzeugung lebende Nachkommen. An den Winterwirten, meist Gehölzen, können sich noch ein bis zwei weitere Generationen entwickeln, bis Tiere mit Flügeln ausgebildet werden, die dann zu den Sommerwirten fliegen. Hier vermehren sie sich, zunächst als ungeflügelte, später auch als geflügelte Tiere weiter. Je nach Witterung können so mehrere Generationen entstehen. Im Spätsommer wandern die meisten Tiere wieder auf ihre Winterwirte und bilden Weibchen und Männchen aus. Es werden nur wenige Wintereier pro Weibchen abgelegt, die auch harten Frösten widerstehen. Die an den Sommerwirten verbleibenden Tiere sterben in normal-kalten Wintern ab. Bleiben jedoch längere Frostperioden aus, überwintern diese Läuse und produzieren im nächsten Frühjahr zusätzlich zu den Stammmüttern eine neue Generation: Eine entsprechend früh auftretende, große Blattläusepopulation ist dann vorauszusehen!
Ist ein solch früher und starker Befall festzustellen, macht eine Austriebspritzung Sinn. Dazu werden ölhaltige Mittel (Wirkstoff: Rapsöl) eingesetzt, die rein physikalisch durch Ersticken wirken, und auch im Bio-Garten vertretbar sind. Mit einer Austriebsspritzung kann man Schadinsekten, die auf Obst- und Ziergehölzen überwintern, bereits im zeitigen Frühjahr bekämpfen, bevor sie später Schäden verursachen können. Austriebsspritzungen (= Spritzbehandlungen zum Zeitpunkt des Austriebs mit ölhaltigen Pflanzenschutzmitteln), können jedoch grundsätzlich nur Schädlinge bekämpfen, die zum Zeitpunkt der Behandlung auch tatsächlich auf den Bäumen/Sträuchern vorhanden sind, also nicht „vorbeugend“ eine spätere Besiedelung verhindern. Solche überwinternden Schaderreger sind zum Beispiel Blattläuse (in der Regel Blattlauseier, z.Z. auch überwinternde Blattläuse), Schildläuse, Sitkaläuse (Eier und erwachsene Tiere), Spinnmilben (Eier), Spanner-, Wickler-, Gespinstmotten-Jungraupen.
Dabei gilt es aber zu bedenken, dass auch Nützlinge an Gehölzen überwintern. Da Austriebsspritzungen nicht selektiv wirken, werden hierbei alle direkt getroffenen Insekten – Schädlinge, Indifferente und Nützlinge – abgetötet. Dennoch wirkt sich eine Austriebsspritzung ökologisch eher weniger nachteilig aus als Behandlungen mit breit wirksamen Insektiziden im Sommer, da in der warmen Jahreszeit einfach wesentlich mehr Insektenarten vorhanden sind.
Deshalb: Eine Austriebsspritzung sollte nur gezielt vorgenommen werden, wenn ein entsprechend großer Befall vorliegt!


eva.morgenstern@dlr.rlp.de     www.Gartenakademie.rlp.de